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Brandklasse B1???

…um es vorweg zu sagen: Der Titel ist sowas von falsch! Aber…

was denn nun? Brandschutzklassen – Baustoffklassen – Brandklassen?

Gelegentlich herrscht da ein reges Durcheinander. Bezeichnungen und Abkürzungen gehen recht wild durcheinander. Im Kern geht es aber immer um das Brandverhalten und das Löschen von Baustoffen und damit um die Frage „Wie verhält sich ein Baustoff im Brandfall?“ Wobei ein Baustoff nicht nur Sand, Beton oder eine Gipskartonwand sein kann, sondern durchaus auch der Bühnenvorhang oder der Backdrop aus Molton.

Baustoffklassen

Grundlage des Klassifizierungssystems sind zwei Normen. Die alte DIN 4102 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen“ und seit dem Jahr 2010 zusätzlich die Europäische Norm DIN EN 13501 „Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten“. Beide Normen gelten bis auf weiteres parallel, sind in ihrer Klassifizierungssystematik aber durchaus unterschiedlich – was die Sache nicht unbedingt vereinfacht.

Beide Normen definieren das Brandverhalten nach Baustoffklassen. Häufig trifft man auch auf den Begriff Brandschutzklasse. Dies ist ein Begriff aus der DIN 4102. Je nach Kontext sind damit die Baustoffklassen oder die Feuerwiderstandsklassen gemeint. Die DIN EN 13501-1 spricht von Bauproduktklassen, was jedoch nichts anderes ist als die Baustoffklasse aus der deutschen Norm.

Die DIN EN 13501 besteht aus fünf Teilen:

  • DIN EN 13501-1, Norm 2010-01
    Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten
    Deutsche Fassung EN 13501-1:2007+A1:2009
  • DIN EN 13501-2, Norm 2010-02
    Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen
    Deutsche Fassung EN 13501-2:2007+A1:2009
  • DIN EN 13501-3, Norm 2010-02
    Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 3: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen an Bauteilen von haustechnischen Anlagen: Feuerwiderstandsfähige Leitungen und Brandschutzklappen
    Deutsche Fassung EN 13501-3:2005+A1:2009
  • DIN EN 13501-4, Norm 2010-01
    Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 4: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen von Anlagen zur Rauchfreihaltung
    Deutsche Fassung EN 13501-4:2007+A1:2009
  • DIN EN 13501-5, Norm 2010-02
    Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 5: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus Prüfungen von Bedachungen bei Beanspruchung durch Feuer von außen
    Deutsche Fassung EN 13501-5:2005+A1:2009

Einen kurzen Überblick über das Klassifizierungssystem soll die folgende Tabelle nach Baustoffklassen geben.

In der vierten Spalte ist jeweils der Kurzname für die Klasse zum Brandverhalten nach DIN EN 13501-1 angegeben. Zum Vergleich stehen in der fünften Spalte die Kurznamen der bisherigen und zunächst auch bis auf weiteres gültigen DIN 4102. Seit der Veröffentlichung in der Bauregelliste 2002/1 wird bei neuzugelassenen Baustoffen für die Einstufung jedoch nur noch die DIN EN 13501-1 verwendet.

Eine eindeutige Zuordnung der europäischen Klassifizierungen nach DIN EN 13501-1 zu den Klassen nach DIN 4102-1 ist auf Grund unterschiedlicher Prüfkriterien in vielen Fällen nicht möglich. Nur bei der Hauptgruppe A gibt es eine weitgehende Übereinstimmung zwischen der bisherigen und der neuen Norm. Wie in der Tabelle zu sehen ist, überschneidet sich jedoch die Klassifikation B1 nach DIN 4102 ebenfalls teilweise mit der Klassifikation A2 nach DIN EN 13501.

Das Brandverhalten nach DIN EN 13501-1 ist durch entsprechende Hinweise zur Rauchentwicklung und zum Abtropfen weiter spezifiziert. Hier sind folgende Unterteilungen der Klassen zum Brandverhalten, zur Rauchentwicklung (Kurzzeichen s für smoke) und zum brennenden Abtropfen bzw. Abfallen (Kurzzeichen d für droplets) vorgesehen:

Der neu gekaufte Bühnen-Molton kann also nach DIN 4102 die schlichte Klassifizierung „B1“ haben. Das gleiche Material ist dann nach DIN EN 13501-1 mit „B-s1, d0“ klassifiziert.

 

Brandklassen

Der Begriff Brandklasse hat nichts mit der Klassifizierung von Baustoffen (auch wenn es in manchem Katalog für Bühnenstoffe anders steht) sondern mit der Einteilung von Bränden nach DIN EN 2 zu tun. Hinweise zu Brandklassen findet man zum Beispiel auf Feuerlöschern. Sie geben an, für welche Klassen das enthaltene Löschmittel (zum Beispiel: ABC-Pulverlöscher) geeignet ist. Jede Brandklasse repräsentieret dabei bestimmte Stoffeigenschaften. Die DIN EN 2 gibt damit wesentliche Anhaltspunkte, welche Feuerlöscher bei bestimmten Objekten eingesetzt werden dürfen.

Brandklassensymbole

Die Farbe der Symbole ist variabel. Üblich ist eine Darstellung schwarz auf weißem Grund, auf Handfeuerlöschern häufig weiß auf rotem Grund.

Brandklassentabelle

* Brandklassen und Beschreibungen entsprechen dem Wortlaut der DIN EN 2. Beispiele, Löschmittel und Hinweise dienen der Erläuterung und sind nicht Bestandteil der DIN EN 2. Die beispielhaft aufgeführten Löschmittel beziehen sich primär auf sicher einsetzbare Löschmittel im üblichen Einsatz durch Personen. Im Einzelfall sowie bei Löschanlagen können sich weitere, zum Teil komplex begründete Eignungen oder Ausschlüsse ergeben.

Löschmitteleinteilung

Entsprechend den Brandklassen (was muss gelöscht werden?) sind zum Löschen geeigneten Löschmittel eingeteilt (womit sollte/muss gelöscht werden?).

In der Veranstaltungstechnik werden im Bereich von elektrischen Anlagen (z.B. Dimmer-City) CO2-Feuerlöscher eingesetzt. Wer in diesem Bereich schon einmal einen Pulverlöscher zum Einsatz bringen musste, weiss warum.
Kohlendioxid (CO2) ist ein rückstandsfreies Löschmittel, das nicht elektrisch leitfähig ist. CO2-Feuerlöscher sind nur für die Brandklasse B zugelassen. Sie kommen daher insbesondere in Bereichen von EDV-Anlagen, Serverräumen und Schaltschränken zum Einsatz. Aber auch für Räume mit Reinraumtechnik oder in anderen Räumen, an die besondere hygienische Anforderungen gestellt werden, sind diese Feuerlöscher optimal geeignet.
 
Aber Achtung! Der Einsatz von CO2-Feuerlöschern sollte geübt werden und man sollte sich genau bewusst sein, was man tut.

Denn der Löscheinsatz mit CO2­Feuerlöschgeräten kann in kleinen und engen Räumen durchaus lebensgefährlich sein. Beim Löschen kann durch das in Sekunden freigesetzte CO2­Volumen sehr schnell eine hohe Konzentration von CO2 in der Raumluft erreicht werden. Bereits ab 5 bis 8 Volumen­% COin der Atemluft droht Erstickungsgefahr. Verstärkter Atemantrieb oder Atemnot sind mögliche Warnzeichen.

Deshalb muss der Verantwortliche im Sinne der VStättVO im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die bereitgestellten CO2-Löschmittelmengen (Feuerlöscher) in Bezug zu den Raumgrößen überprüfen. Gegebenenfalls sind weitere oder andere technische und/oder organisatorische Maßnahmen (z. B. andere Löschmittel, von außen zu betätigende Löscheinrichtungen, Kleinlösch- oder Objektlöschanlagen, Betriebsanweisung, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung) zu treffen.

Feuerlöscher müssen nach dem Brandeinsatz oder nach unbeabsichtigter Betätigung, auf jeden Fall aber nach spätestens zwei Jahren wieder einsatzbereit gemacht werden. Bei gewerblicher Nutzung ist die regelmäßige Instandhaltung nach spätestens zwei Jahren – auch bei Nichtverwendung – nach DIN 14406, Teil 4 vorgeschrieben (und wird gerne einmal geprüft).

Feuerwiderstandsklassen

Feuerwiderstandsklassen dienen der Einstufung von Bauteilen nach ihrer Feuerwiderstandsdauer. Im Detail geben die Zahlen also an, wie viele Minuten ein Bauteil – zum Beispiel eine Wand, eine Decke oder ein Dach – einem Feuer standhält.

Auch die Systematik der Feuerwiderstandsklassen ergibt sich aus der DIN 4102.

Begegnet man einem Bauteil mit der Feuerwiderstandsklasse F90, hat man es nach DIN-4102 Teil 2 mit einem „allgemeinen Bauteil“ mit einer Feuerwiderstandsdauer von ≧90 (t in Minuten) zu tun. Die gleiche Feuerwiderstandsklasse (F90) findet man aber auch bei Brandwänden und um die Verwirrung komplett zu machen auch noch bei F-Verglasungen.

Die DIN-4102 regelt in ihren Teilen die Feuerwiderstandsklassen wie folgt (nur beispielhaft):

  • Teil 2 – Bauteile allgemein – Kürzel F (z.B. F90)
  • Teil 3 – Außenwandbauteile – Kürzel W (z.B. W120)
  • Teil 3 – Brandwände – Kürzel F (z.B. F180)
  • Teil 5 – Brandsschutzabschlüsse – Kürzel T
  • Teil 6 – Brandschutzklappen – Kürzel K
  • Teil 6 – Lüftungsleitungen – Kürzel L
  • Teil 9 – Kabelschottungen – Kürzel S
  • Teil 11 – Rohrdurchführungen – Kürzel R
  • Teil 11 – Installationsschächte und -kanäle – Kürzel I
  • Teil 12 – Funktionserhalt elektrischer Leitungen – Kürzel E
  • Teil 13 – F-Verglasungen (Widerstand gegen Feuer und Wärmestrahlung) – Kürzel F
  • Teil 13 – G-Verglasungen (nur Widerstand gegen Feuer) – Kürzel G

Auch die Feuerwiderstandsklassen werden in der DIN EN 13501 (hier in Teil 2) normiert. Analog zur Klassifizierung  in der DIN EN 13501 Teil 1 für die Baustoffklassen sind die Feuerwiderstandsklassen in Teil 2 der europäischen Norm gegenüber der DIN 4102 erweitert bzw. ergänzt. Zum Beispiel werden die Klassifizierungszeiten der DIN 4102-2 (30, 60, 90, 120 und 180 Minuten) zusätzlich mit den Zeiten 10, 15, 20, 45, 240 und 360 Minuten ergänzt.

Die Leistungseigenschaften der Bauteile werden in der DIN EN 13501 im Einzelnen mit folgenden Buchstaben abgekürzt:

  • R (Résistance): Tragfähigkeit; kein Verlust der Standsicherheit
  • E (Etanchéité): Raumabschluss; Verhinderung des Feuer- oder Gasdurchtritts auf die unbeflammte Seite
  • I (Isolation): Wärmedämmung (unter Brandeinwirkung); Begrenzung der Übertragung von Wärme auf die dem Feuer abgewandte Seite
  • W (Radiation; ursprünglich Watt): Wärmestrahlung; Begrenzung des Durchtritts der Wärmestrahlung auf die abgewandte Seite
  • S (Smoke): Rauchdichtheit; Begrenzung des Rauchdurchtritts in abgeschlossenen Räumen
  • M (Mechanical): Mechanische Einwirkung; Stoßbeanspruchung auf die Wand
  • C (Closing): Selbstschließend; für Rauchschutztüren und andere Feuerschutzabschlüsse
  • G: Rußbrandbeständigkeit für Abgasanlagen
  • K: Brandschutzwirkung; Schutz vor Entzündung oder Verkohlung, für Wand- oder Deckenbekleidung

Dazu kommen Angaben zur Richtung der Feuerwiderstandsdauer (z. B. i → o, von innen nach außen bei nichttragenden Außenwänden) oder zu Prüfbedingungen (z. B.  konstante Brandbeanspruchung bei 500 °C (r)).

Eine Wand der Feuerwiderstandsklasse F90 nach DIN 4102 beispielsweise wird nach DIN-EN 13501 als REI 90 bezeichnet. Soll diese Wand als Brandwand ausgeführt werden, muss sie die Klassifikation REI 90-M besitzen (Zusatzkriterium Stoßbeanspruchung für die Brandwand).

Soviel zur Headline und der „Brandklasse B1“. Sie sollten es jetzt besser wissen.

😉